Maler, Bildhauer und Architekten

Einer der ganz Großen der österreichischen Bildhauerei ist eng mit unserem Bezirk verbunden. Am Haus Marokkanergasse 3 erinnert eine Gedenktafel daran: "Hier stand das Managettasche Haus, in welchem im Februar 1741 der Bildhauer Raphael Donner gestorben ist." Raphael Donner wurde am 24. Mai 1693 in Eßling geboren und ist am 15. Februar 1741 in dem Haus in der Marokkanergasse gestorben. Donner fand seine letzte Ruhestätte zunächst auf dem St. Nikolai-Friedhof auf der Landstraße, der 1783 gesperrt wurde. Im Jahr 1786 wurde dieser Friedhof geräumt, und Donners Gebeine kamen in ein Massengrab auf dem St. Marxer Friedhof.
Ein später künstlerischer Nachfahre von Donner, der Bildhauer Caspar Zumbusch, kam 1872 nach Wien. Zumbusch, geboren in Westfalen, wurde in Wien Professor und Rektor der Akademie der bildenden Künste. Zwei Jahre nach seiner Ankunft in Wien finden wir ihn als Bewohner der Landstraße, und zwar im Haus Jacquingasse 11. In erster Linie erinnern uns heute eine Reihe von Standbildern an ihn, so das Maria-Theresien-Denkmal, das Beethoven-Denkmal, die Reiterstandbilder Erzherzog Albrechts und Radetzkys. Zumbusch starb am Chiemsee, wurde jedoch in einem Ehrengrab der Stadt Wien auf dem Zentralfriedhof beigesetzt.

Eine besonders innige Beziehung zum Bezirk Landstraße hatte und hat die Künstlerfamilie Engelhart, in erster Linie der Maler und Bildhauer Josef Engelhart. Er wurde am 19. August 1864 in der Löwengasse 19 geboren und starb am 19. Dezember 1941 in der Steingasse 13. Schon ab 1878 lebten Engelharts Eltern, das Fleischhauerehepaar Anton und Maria Engelhart im Haus Steingasse 13. Hier befand sich auch das Atelier des Künstlers. Josef Engelhart wurde einer der bedeutendsten Schilderer des Wiener Volkstums unter den Malern. Erst später wandte er sich auch der Bildhauerei zu. 1897 wurde Engelhart einer der Mitbegründer der Secession. Als Darsteller von Wiener Typen und Szenen wurde er in weiten Kreisen bekannt. Nach jahrelanger künstlerischer Tätigkeit im Ausland bezog Josef Engelhart das elterliche Haus in der Steingasse und heiratete die Tochter des Bierbrauereibesitzers Karl Mautner-Markhof. Das Ehepaar hatte sechs Kinder.

Das Atelier Engelharts im Hause Steingasse 13 hatte der Architekt Ferdinand Fellner errichtet, den Ornamentschmuck nahm nach Jugendstilmotiven Koloman Moser, ein Schwager Engelharts, vor. In diesem Atelier entstanden viele Werke, so auch Holzintarsiatechniken für die Weltausstellung 1904 in St. Louis, wo Engelhart die Goldene und die Bronzene Weltausstellungsmedaille erhielt. Etwa ab dieser Zeit betätigte sich der Künstler öfters auch als Plastiker. Eine Reihe von Grabmälern von so mancher bekannter Persönlichkeit auf dem Zentralfriedhof stammt von ihm.

Ein Werk des Bildhauers Josef Engelhart steht zum Bezirk Landstraße in besonderer Beziehung: Auf dem Karl-Borromäus-Platz befindet sich heute das Magistratische Bezirksamt des dritten Bezirkes. Vor diesem Gebäude wurde ein Brunnen, der Karl-BorromäusBrunnen aufgestellt, mit der Ausführung dieses Brunnens hatte man Engelhart und den Laibacher Architekten Josef Plecnik betraut. Die Enthüllung dieses Werkes von Engelhart fand 1909 in Anwesenheit von Bürgermeister Lueger, dessen politische Laufbahn übrigens auf der Landstraße begonnen hatte, statt. Auch der Sohn Engelharts, Michael Engelhart (1897-1969), bewohnte das Elternhaus in der Steingasse bis zu seinem Tod. (Das Haus existiert heute leider nicht mehr, es mußte einem Neubau eines Geldinstituts weichen.) Michael Engelhart studierte an der Technik in Wien, wo er als Dipl.-Ing. und Dr. techn. das Studium abschloß; Engelhart war später an der Technischen Hochschule als Ordinarius für Baukunst, Entwerfen und Denkmalpflege tätig. Mehrere Generationen von Architekturstudenten wurden von ihm herangebildet. Von seinen zahlreichen Werken können hier nur einige genannt werden, so die Künstlersiedlung der Gemeinde Wien in Stadlau, der Zuschauerraum des Burgtheaters (dessen Wiederaufbau nach dem Krieg), die Wiederaufbauten der Palais Schwarzenberg und Harrach und anderes mehr.

Erwähnt sei auch die drittgeborene Tochter Josef Engelharts, Susanne (1904-1967), eine hochbegabte Schauspielerin. Sie spielte in Berlin, München und Zürich, sowie am Theater in der josefstadt. Schließlich trat auch Engelharts Schwiegersohn, Egon Fridinger, als Architekt und Baumeister in Erscheinung. Pläne zur Neugestaltung des Stephansplatzes und des Karlsplatzes trugen ihm Preise und Anerkennungen ein. Der 1970 verstorbene Architekt war mit einer Engelharttochter, Maria Fridinger-Engelhart, verheiratet. Auch dieses Mitglied der Künstlerfamilie Engelhart ist auf künstlerischem Gebiet tätig, nämlich als Restauratorin.
Um das Jahr 1900 verkehrten die Mitglieder der Secession, eingeführt übrigens durch Josef Engelhart, im Haus Landstraßer Hauptstraße 138. Nach der Abspaltung der sogenannten "Kunstschau" trafen sich hier die Mitglieder der letzteren, so unter anderem Gustav Klimt und Josef Hoffmann, aber auch Kolo Moser, der ebenso wie Engelhart Schwiegersohn des Haus- und Brauereibesitzers Ferdinand Mautner-Markhof geworden war. Kolo Moser und Josef Hoffmann gründeten bekanntlich die "Wiener Werkstätte" und den "Werkbund", beides Institutionen, die den Stil des gesamten Kunsthandwerks entscheidend beeinflußten. Das Haus Landstraßer Hauptstraße 138 war dadurch zum Treffpunkt eines Teiles der künstlerischen Prominenz der Zeit geworden. Neben Malern und Bildhauern verkehrten hier auch noch Bruno Walter und Gustav Mahler. Bei Mautners Tochter, der Dichterin Magda Mautner-Markhof, trafen sich Alfred Gerstenbrand und Albert Paris Gütersloh.

An der Stelle des heutigen Hauses Ungargasse 5, das wir bereits im Zusammenhang mit Beethoven erwähnt haben, stand im 18. Jh. ein Haus, das dem Bildhauer Franz Xaver Messerschmidt (1736-1783) gehörte. Der aus Wiesensteig in der schwäbischen Alb gebürtige Künstler schuf eine Reihe prominenter Werke für den Wiener Hochadel, besonders für das Kaiserhaus. Bekannt ist er vor allem für seine Statue der Maria Theresia als Königin von Ungarn sowie für die Brunnengruppe im Savoyschen Damenstift in der johannesgasse im ersten Bezirk. Bei Messerschmidt kam im Alter von etwa 35 Jahren eine Geisteskrankheit zum Ausbruch; sein Hauptwerk ist die im Zeichen dieser Psychose entstandene Serie von etwa 70 grimassierenden Köpfen, den sogenannten "Charakterköpfen", durch die er Geister, von denen er sich bedroht fühlte, zu bannen suchte. Viele dieser Köpfe sind heute im Besitz des Barockmuseums der österreichischen Galerie im Unteren Belvedere.
In der Ungargasse 43, im ehemaligen Palais Sternberg, wohnte der Maler und Zeichner Josef Kriehuber, ein bekannter Künstler des Vormärz. Peter Fendi, ein typischer Vertreter der Malerei des Vormärz, wurde am 4. September 1796 in Wien geboren. Er starb auch hier, und zwar auf der Landstraße, im Haus Beatrixgasse 42, wo er zuletzt wohnte. Fendi wurde auf dem St. Marxer Friedhof bestattet, im Jahr 1909 jedoch exhumiert und in ein Ehrengrab am Zentralfriedhof überführt. Besonders bekannt sind seine Miniaturbildnisse, Kleinformatschöpfungen, die von Freud und Leid der Dorf- und Vorstadtbevölkerung erzählen. Er war auch Zeichner des k. k. Münz- und Antikenkabinetts, und als solcher lieferte er gegen 2 000 Blätter. Die Albertina und das Historische Museum besitzen heute einen Großteil seiner Werke.

Ein anderer bedeutender Bildhauer wohnte in seinem Todesjahr auf der Landstraße, im Haus Landstraßer Hauptstraße 74. Es ist der 1914 verstorbene Rudolf Weyr. Er war ein Meister des Reliefs. So stammen die Bacchusszenen am Burgtheater von ihm, die Szenen aus Grillparzers Dramen am Grillparzerdenkmal sowie die Darstellung Karls des Großen an der Peterskirche. Volle zwölf Jahre lang beherbergte die Landstraße auch den bekannten Tiroler Historienmaler Albin EggerLienz. Von 1899 bis 1911 lebte Egger-Lienz im Haus Veithgasse 3. Rund ein Jahrzehnt danach beherbergte dieses Haus nochmals einen Maler. Im Jahr 1922 wohnte hier der Maler Anton Karlinsky. Der hauptsächlich in Wien tätige Künstler war Mitglied der Genossenschaft der bildenden Künstler in Wien, hauptsächlich schuf er Genrebilder und Porträts. Werke von ihm besitzen die Albertina und das Historische Museum der Stadt Wien.

Auch den Erbauer des Wiener Konzerthauses und des Gebäudes des Eislaufvereines, den Architekten Ludwig Baumann, finden wir unter den ehemaligen Landstraßer Einwohnern. 1922 bewohnte er das Haus Landstraßer Hauptstraße 58. Einer der wohl bedeutendsten Architekten, den Österreich je hervorbrachte, Otto Wagner, steht auch in Verbindung mit dem Bezirk Landstraße. In den Jahren 1889/90 erbaute Wagner das Haus Rennweg 3 als eigenes Wohnhaus. Obwohl noch viele Anklänge an vorhergehende Stile anzutreffen sind, läßt sich aber dennoch schon der kommende Wagner-Stil erkennen.
Otto Wagner wurde 1841 in Penzing geboren und starb 1918 in Wien. Er studierte an der Wiener Kunstakademie bei van der Nüll und Siccardsburg und beschäftigte sich zunächst mit dem Studium der Barockkunst, namentlich mit Fischer von Erlach. Allmählich löste er sich aber von jedem historisierenden Stil und begründete einen zeitgemäßen, nach ihm benannten "Wagner-Stil", auch "Nutzstil" genannt, in dem sich das Zweckmäßige, die Einfachheit und Klarheit der Linie mit Schönheit und Harmonie vereinen, wobei auch die neuesten technischen Errungenschaften verwertet wurden. Seine Wahlsprüche waren: "Los vom Stil" und "Stil ist Neugeburt, nicht Wiedergeburt". Von Wagners Werke seien hier u. a. erwähnt: die Stationsgebäude der Wiener Stadtbahn, das Postsparkassengebäude, das vor allem für die moderne Architektur richtungweisend werden sollte, die Kirche am Steinhof, eine der wenigen in reinem Jugendstil eingerichteten Kirchen.